Amira ist erst kürzlich an Bord und hat insgesamt sehr viele starke Gefühle.

Content Notes:

Spärlich bekleidetes Kuscheln, Brüste, Sex - erwähnt, Transition?, Ausliefern, BDSM, Narben, Traumaflashback, Erpressung, Mord - erwähnt, Folter - erwähnt, Trauer.


Leben

Amira

Amira fühlte. Sie fühlte sich so lebendig, wie vielleicht noch nie. Der Morgen brach wohl an, aber Amira fühlte sich nicht nach aufstehen. Und zwar nicht, weil sie keinen Sinn darin sah, aufzustehen, sondern weil es sehr viel Sinn hatte, in dieser unbewussten Umarmung liegen zu bleiben. Rash schlief, die Arme lose um sie gelegt. Rash schlief nur in Unterwäsche. Das Unterhemd lag dünn und lose über Rashs Körper. Die Körperwärme drang durch den dünnen Stoff und wärmte Amiras nackte Haut. Ein paar Falten hatten Muster in selbige gedrückt.

Amira spürte, wie Leben in Rashs Hände kam. Sie blieben an Ort und Stelle, aber fühlten bewusst Amiras Haut darunter. Irgendwovon war Rash aufgewacht. Amira bemerkte erst daran, dass sie Rash unbewusst in der Halsbeuge geküsst hatte. Mehrfach. Rash hatte noch nicht die Augen geöffnet, da zitterte der Atem schon wieder sachte. Amira fühlte die Vibrationen über die Lippen, die immer noch an der Haut lagen. Und sie küsste sie noch einmal, wo der Mund schon da war.

Und wieder wanderten Rashs Hände über ihren Körper. Amira konnte nicht leugnen, dass sie immer noch nicht genug davon hatte. Würde der Zeitpunkt irgendwann kommen? Oder der Zeitpunkt, zu dem sie dann Sex wollte und nicht nur romantisch geliebt und gestreichelt werden mochte? Wo war überhaupt die Grenze? Aber Amira konnte sich zumindest im Moment nicht so richtig vorstellen, etwas mit Rash tun zu wollen, was sie selbst Sex nennen würde, also kannte sie wohl eine persönliche Grenze. Es war auch nicht wichtig. Entweder es kam oder es kam nicht. Jetzt erstmal erfühlte sie Rashs Körper. Streichelte über das dünne Stofffabrikat, das raue und feine Strukturen vereinte. Sie hatte sich bisher eher streicheln lassen. Nun erwischte sie sich dabei, wie ihre eigenen Hände immer wieder unter Rashs Hemd schlüpften, und sie sie wieder zurückzog, wenn sie es realisierte, weil Rash gesagt hatte, dass sie Rash nicht weiter als bis auf die Unterwäsche ausziehen dürfe. Rash wehrte sich gegen nichts, aber in Amira bohrte ein schlechtes Gewissen, dass es ihr passierte, bis Rash einfach selbst das Unterhemd auszog.

Rash ließ sich betrachten, in diesem Halbdunkel. Lächelte vorsichtig, vielleicht unsicher. Rashs Brust war nicht ganz flach, die Brüste waren klein, vielleicht wie sie bei Amira etwa nach einem halben Jahr Pubertät ausgesehen haben mochten. Vorsichtig ertastete Amira die weiche Haut und Rashs Atem zitterte noch mehr. Rash wirkte mit einem Mal verunsichert, als wüsste Rash nicht so genau, wohin mit den Armen. Sie wollten Amira wieder fest umarmen, glaubte sie, weil sie sie so berührten, wie sie es sonst taten, wenn das der Fall war, aber dann wäre Amira nicht mehr an Rashs Vorderseite gekommen. Gegen Arme, die nicht wussten, wo sie hinsollten, kannte Amira ein Mittel. Sie blickte Rash ins Gesicht, als sie Rashs Arme auf Rashs Rücken sortierte und dort fixierte. Sie tat es sanft. Rash hätte sich wehren können, tat dies aber nicht. Aber Rashs Einatmen, als Amira plötzlich festhielt, als die Arme angekommen waren, wo sie hinsollten, sodass Rash die Arme eben nicht mehr hätte einfach wegnehmen können, war fast laut. Amira befürchtete, es könnte Janasz und Ashnekov wecken. Sie genoss, wie Rash die Augen schließen musste und die Fassung verlor, während sie über Rashs Brüste und Rashs Brustbein streichelte. Wie der Körper unter ihr bebte und genoss. Das, was Rash bei ihr in den letzten Tagen so oft ausprobiert hatte, funktionierte also auch umgekehrt.

Rashs Haut am Oberkörper war zart und weich. Amiras Hand streichelte auch über den vor Anspannung eingezogenen Bauch. Der untere Teil des Bauchs war übersät von vielen kleinen Narben. Amira streichelte darüber, ohne zu fragen, liebte auch die Narben wie jeden anderen Teil von Rashs Körper. Sie fühlte sich danach, Rash zu sagen, dass sie Rash liebte.

Sie durfte nicht lieben. Das machte sie erpressbar.

Amira erinnerte sich nicht daran, wie sie die Haltung aufgelöst hatten. Als sie wieder zu sich kam, hielt Rash sie sanft im Arm und flüsterte ihr Dinge ins Ohr wie “Ich bin da.” Sie bekam mit, wie Ashnekov die Tür hinter sich zuzog. Auch Janasz war nicht mehr da. Sie war allein mit Rash, lag da, zitterte und heulte wieder. Sie durfte nichts in der Welt haben, dass ihr so viel wert wäre, dass sie darüber erpresst werden könnte. Erinnerungen an Gefühle rannen durch ihren Körper, als gehörten sie zu einem anderen Teil von ihr, mit dem sie nicht gut kommunizieren konnte. Zu einem ohne Gedächtnis, der versuchte, eine Tür in ihr einzureißen, aber sie war nicht imstande, sie wirklich zu öffnen, ob sie wollte oder nicht. Gefühle, die sie nicht einmal richtig benennen konnte. Gefühle, die sie im Griff hatten, die sie bestimmten, ein Teil von ihr waren, den sie nicht verstand oder fassen konnte.

“Ich habe alles kaputt gemacht.”, flüsterte sie. “Ich habe Janasz und Ashnekov verjagt und dich um Genießen gebracht. Ich wünschte, ich könnte auch gut für dich sein.” Das Problem war das einfachere. Und es lenkte von der Tür ab.

“Du bist gut für mich, wie du bist.”, sagte Rash leise und sanft in ihr Ohr. “Bist du. Dabei musst du für überhaupt niemanden gut sein.”

Amiras Psyche schmerzte. Wo kam das ganze Gefühl her? Und warum musste es solche Kontraste fahren? “Ich möchte dich nicht belasten.”, sagte Amira. “Ich weiß, dass das für dich in Ordnung ist, aber es fühlt sich für mich so an.”

Rashs Arme zogen sich vorsichtig ein bisschen enger, als wäre Amira etwas sehr Zerbrechliches. “Ich habe dich lieb.”, sagte Rash.

Wie konnte so etwas so schnell gehen? Waren das nicht viel eher Hormone? Aber Amira vertraute den Worten. Und eine neue Welle des Abgrenzungsgefühls überrollte sie. “Ich darf dich nicht lieben. Was, wenn du gefangen genommen wirst und ich damit erpresst werde?”

“Dann verabschiedest du dich von mir.”, sagte Rash. “Mein Leben ist es nicht wert, dass du Dinge tust, die du nicht vertreten kannst.”

Amira zog sich etwas aus der Umarmung und starrte in Rashs entspanntes Gesicht. Sie glaubte, dass Rash das absolut ernst meinte, aber es half nicht. Oder wenig. Amira versuchte, sich vorzustellen, sich gegen Erpressung zu wehren, während Rash ermordet würde. Sie schloss die Augen und versuchte mit dem schrecklichen Gedanken klarzukommen. Es war schwierig, weil die Vorstellung an einer Erinnerung hing. Es war keine Erinnerung, die sie hätte benennen können, eigentlich mehr ein Gefühl. Amira wusste nicht genau, was da war, oder womit es genau verknüpft war.

“Atme.”, flüsterte Rash.

Amira folgte der Empfehlung. Eigentlich wusste sie, dass Atem das war, was sie erdete. Der Atem floss gerade nicht sinnvoll von alleine. Sie kontrollierte ihn eine Weile bewusst, bis der nächste schlimme Gedanke sie überrollte. “Sie könnten dich nicht bloß töten wollen, sondern würden dich vielleicht foltern.”

In Rashs Gesicht trat ein sehr unscheinbares Lächeln. “Ich habe da einen Fetisch.”, sagte Rash. “Spiele sind immer besser als die Elemente meiner Fetische in der Realität. Das funktioniert eigentlich nicht. Ich würde trotzdem versuchen, ein Spiel daraus zu machen und schauen, wie wem auch immer dabei die Gedankenwelt explodiert. Ich schätze, von meiner Seite ist dann mal in Ordnung, wenn ich für das entsprechende Spiel nicht nach Konsens frage?”

Humor? Das war nicht nur Humor, aber auch. “Nimmst du mich ernst?”

“Ja.”, sagte Rash ohne Zögern. Das Lächeln verschwand. “Vielleicht gehe ich mit deinen Fragen völlig falsch um.”

Amira schüttelte den Kopf. “Mit so etwas gibt es keinen richtigen Umgang.”

“Weise.”, kommentierte Rash sanft. Und legte die Arme wieder vorsichtig um Amira, als ihr Körper gegen Rashs kippte. “Vielleicht hilft es, dass ich das weiß. Dass es keinen richtigen Umgang gibt. Und ich mir wünschen würde, dass du dich schützt, so gut es geht, aber mit dem Wissen akzeptieren würde, wie auch immer du entscheidest.”

“Und wenn das heißt, dass ich dich nicht lieben kann?”, fragte Amira. Warum klang das so, wie künstliches Drama in einem schlechten Roman?

“Dann kannst du es nicht.”, antwortete Rash schlicht. “Darf ich dich lieben, oder übt das Druck auf dich aus, der auch schlimme Dinge anrichtet?”

Amiras Körper zitterte. Sie antwortete nicht direkt. Und dann sprach sie aus, was eben einfach die Wahrheit war: “Ich bin doch schon längst verliebt in dich. Die Gefühle scheren sich nicht darum, was sie dürfen.”

Wie sanft und vorsichtig konnten diese Arme sein? Rashs Atem auf ihrem Gesicht, als Rash sie ganz leicht auf die Schläfe küsste. Rashs Kehlkopf an ihrer Wange, als Rash schwer schluckte. Und dann Feuchte auf ihrer Stirn. Weinte Rash? Sie sah nicht nach. Sie nahm Rash zurück in den Arm, als es etwas mehr wurde. Aber Rash blieb ruhig dabei.


Als Amira das nächste Mal aufwachte, fühlten sich die Gefühle einigermaßen sortiert und sinnvoll verpackt an, sodass sie sich in der Lage fühlte, aufzustehen. Rash schlief. Sie war sich nicht sicher, ob Rash kurz aufwachte, als sie von der schmalen Kiste herabstieg.

Sie spürte den Boden so bewusst unter den Füßen wie ganz am Anfang, nur vielleicht nun mit einem glücklicheren Grundgefühl, oder einem, das weniger gleichgültig war, was gewissermaßen auch eine Form von Glücklichkeitsgefühl war. Es war seltsamer Boden, das hatte sie auch schon damals festgestellt. Es war kein Holz. Er war sehr leicht, hatte eine geringe Dichte, aber war eher noch weniger Feuchtigkeit aufnehmend als Holz, sogar beinahe wasserabweisend. Und er fühlte sich lebendig an. Als würde etwas darin ganz sachte rauschen. Oder atmen? Das ganze Schiff bestand aus diesem Material.

Sie hatte mit ihren Messern neu üben müssen, wie sie darin stecken bleiben würden, und das Üben hatte sich dabei etwas unangenehm angefühlt. Als würde sie das Schiff verletzen. Aber sie hatte das Gefühl damals beiseite geschoben, weil der Gedanke ihr albern vorgekommen war. Und dann hatte Sindra so behutsam reagiert, das Messer entfernt, als handele es sich tatsächlich um eine Verletzung. Auch das hatte Amira zunächst Sindras besonderem Charakter zugeschrieben: Sindra hatte einige Eigenheiten, die Ordnung, Sitzen, Haltungen oder Kommunikation betrafen. Sie hatten nicht selten etwas mit Fürsorglichkeit zu tun, was nicht immer sofort auf der Hand lag.

Aber nun, als Amira das Gefühl unter den Füßen wahrnahm, hatte ihre Gedankenwelt endlich Gelegenheit, ihre Wahrnehmung ernst zu nehmen. Sie lächelte. Mehr als das war es nicht. Nur der Schritt, sich die Frage ernst gemeint zu stellen: Lebte das Schiff?

Sie zog sich achtsam an und stieg an Deck. Es war Mittag und fast alle Crewmitglieder saßen auf den Planken im Kreis. Einige auf dem Boden und einige auf Kisten oder Fässern. Die Stimmung war entspannt, aber auch nicht glücklich oder ausgelassen. Jentel machte ihr sofort Platz und lud sie mit einer Geste ein, sich dazuzusetzen.

“Dies ist eine Trauerfeier.”, informierte Sindra sie in einer Gesprächspause. “Janasz meinte, wir sollten euch besser gerade nicht stören. War das in Ordnung?”

Amira nickte einfach.

“Aber nun, wo du da bist, sollten wir vielleicht nach Rash schicken?”, überlegte die Kapitänin.

Amira stand sofort wieder auf. “Ich hole Rash.”


Es war eine schöne Trauerfeier, fand Amira. Sie hatte so etwas noch nie erlebt. Sie war durchaus schon auf Trauerfeiern anwesend gewesen, aber diese hier war anders. Sie war provisorisch. Einige sprachen davon, dass sie am liebsten Blumen gehabt hätten, um sie ins Meer zu werfen, aber sie fuhren gerade in so tiefen Gewässern, dass sie nicht einmal an schönere Algen gekommen wären. Wasserblumen.

Die Feier war außerdem individuell. Keine Form von Trauer war verboten. Der Reihe nach kam jede Person dran und durfte etwas sagen, sagen, wie sie trauerte, was für Trost sie brauchte, wen sie vermisste. Es wurden Erinnerungen ausgetauscht. Nicht unbedingt nur gute, sondern was die Personen mit den Verstorbenen verknüpften. Auf diese Art lernte Amira die Crewmitglieder besser kennen, sogar die, die nun nicht mehr waren. Manchmal wurde sogar gelacht.

Und dann kam die Reihe überraschend an sie: “Amira.”, sagte Sindra. “Ich weiß, du kennst niemanden der Verstorbenen. Du bist natürlich trotzdem eingeladen, in dieser Runde etwas zu sagen oder Trauer zum Ausdruck zu bringen.”

Amira wollte erst den Kopf schütteln, als es ihr plötzlich die Kehle zuschnürte. Sie schloss die Augen und atmete bewusst, bis sie sich zutraute, zu sprechen. “Ich weiß wirklich nicht, ob das hierher gehört.”, murmelte sie.

“Alles gehört hierher.”, motivierte Kamira freundlich.

Amira musste fast lachen, in dieses traurige Gefühl hinein. Weil Kamira etwas Ähnliches in der Sitzung mit ihr gesagt hatte. Amira war sich nicht sicher, wie lange ein Körper dieses Gefühls-Hin-Und-Her aushalten könnte. “Als ich vierzehn war, ist meine Schwester gestorben.” Weil es mit ihrem Hintergrund auch andere Gründe geben könnte, die offensichtlich scheinen könnten, fügte sie hastig hinzu: “An einer schlimmen Krankheit. Wir wussten nicht welche, sie hatte schlimmes Fieber.” Sie runzelte die Stirn. “Mein Geschwister.”, korrigierte sie. “Ich weiß gar nicht, ob es Majil nicht ähnlich gegangen sein könnte, wie mir.” Dann kam sie zurück zum Punkt. “Es ist lange her und hat nichts mit jetzt zu tun. Aber ich habe nie getrauert. Es gab nie Raum dafür.”

Jentel neben ihr streckte anbietend eine Hand aus, falls sie sie nehmen wollte. Amira zögerte nur einen Augenblick. Jentels Hand war tröstend kalt. Die Schwimmhäute zwischen sainen Fingern legten sich zart um ihre Haut.

“Ich habe trotzdem Angst, dass das irgendwie fehl am Platz ist.”, murmelte Amira.

Die Reaktion, die darauf folgte, – ein geschlossenes Kopfschütteln und Gemurmel, dass sie hier richtig wäre damit – , schob wieder diesen mächtigen Kloß durch ihren Hals. Damit hatte Amira nicht gerechnet. Sie weinte beinahe gar nicht um ihr Geschwister, sondern weil hier alle so lieb zu ihr waren.

“Ich hätte damals gern eine Kerze angezündet.”, sagte sie leise. “Majil mochte Flammen. Majil war wie Feuer. Wütend an den richtigen Stellen. Die Wut hat immer geholfen.”

Die anderen ließen sie reden. Und schweigen. Sie erzählte eigentlich nicht viel. Aber plötzlich war sie voller längst verdrängter Bilder.

“Ich glaube, wir haben zwei Kerzen an Bord.”, sagte Sindra. “Ich hole sie. Da war vorhin schon mal der Wunsch danach, da hatte ich noch nicht daran gedacht, dass wir so etwas ja haben.”

Amira warf einen verwirrten Blick auf die Kapitänin, die nun aufstand und zur Kajüte ging. Nicht, weil sie etwas Falsches gesagt hatte, aber ihr völlig unberührter Ton irritierte Amira dann doch.

Aber sie verdrängte alles wieder, als Bewegung aufkam. Smjer brachte eine weitere Kiste, auf die die Kerzen in eine Schale platziert wurden. Sie waren sehr vorsichtig an Bord mit Feuer.

Marah holte ein schon leicht angekohltes Holzstäbchen hervor und stellte eines der Öllämpchen mit auf die Kiste. Das war wohl dazu gedacht, die Kerzen anzuzünden. Die andere Person, die eine Kerze hatte anzünden wollen, war Janasz gewesen.

Es war ein Moment, der sich andächtig anfühlte, als sie beide sich in der Mitte gegenüberhockten, die Kiste zwischen ihnen, und erst Janasz eine Kerze anzündete und dann Amira die andere. Sie blickte in die Flamme, als sie klein entstand, wie sie das Wachs vorsichtig anlöste und dann gemütlich vor sich hinflackerte. Sie assoziierte ihr Geschwister mit dieser Flamme und fühlte vorsichtig in das Gefühl hinein. Manchmal drohte der leichte Wind, die Flamme auszupusten, aber es war zum Glück kein starker Wind und die Schale hielt das nötigste vom Wind ab. Der Himmel war bedeckt, aber es regnete nicht. Es war eine gute Atmosphäre für eine Kerzenflamme.


Später stand Amira an der Reling und blickte aufs Meer hinaus. Sie fühlte sich so viel leichter. Sie fühlte sich zittrig, als hätte sie ein sehr schweres Gewicht durch die Gegend getragen. Und vielleicht hatte sie das auch.

Rash trat neben sie. “Möchtest du lieber allein sein?”, fragte Rash.

Amira schüttelte den Kopf. “Ich habe eine seltsame Frage.”

Rash grinste. “Ich liebe seltsame Fragen!”

“Würdest du deine Beziehung mit mir gern für alle sichtbar leben?” Amira fühlte bei der Frage schon wieder ein Zittern in der Bauchgegend. Ein Schönes. Und dann Angst: Hatte sie sich mit der Bezeichnung Beziehung zu weit über die Reling gelehnt? War das eine sinnvoll übertragene Redewendung?

“So sichtbar, wie du dich wohl fühlst.”, anwortete Rash. “Wenn du Angst hast, wegen des Szenarios mit dem Erpressen, dann führe ich mit dir Scheinstreitgespräche und kuschel mit dir in der Bilge.” Rash runzelte die Stirn und grinste. “Besser nicht in unserer, wenn wir nicht gerade Gleitfahrt machen. Unter Wasser bekomme ich noch schlechter Luft, als wenn du mich berührst.” Dann grinste Rash wieder. “Aber wir können Ashnekov und Janasz fragen, ob wir auch mal mit Ausräumen von Schiffsbäuchen dran sein dürfen. Die haben brauchbar trockene Bilgen. Bilges? Wie ist der Plural?”

Amira grinste. Das, das war flirten! Leises, fieses Flirten. “Ich habe Angst davor, aber ich möchte es gern maximal sichtbar.”, sagte sie. “Jetzt.”

Und Rash nahm sie auf eine Weise in den Arm, die nur sehr schwer anders interpretiert werden könnte, als etwas sehr Inniges. “Wenn du möchtest, brülle ich über das Deck, dass du meine Liebesperson bist. Oder ich dir gehöre, wenn du willst.”

“Ich möchte nicht, dass du mir außerhalb von ausgemachten Spielen gehörst.”, stellte Amira klar. Und fügte dann sanft hinzu: “Du musst nichts brüllen. Das hier reicht mir.”

Rash biss ihr zärtlich ins Ohr. “Damit kann ich gut leben.”