Buchbinden
Worum geht es?
Nora Bendzko hat mir 2022 ein Wichtelgeschenk geschenkt, und zwar eine wunderschöne Kurzgeschichte “Eines von sieben”. Weil ich dieses Geschenk sehr gern habe, habe ich es als Buch gebunden. Damit es sich proportionsmäßig auch Buch nennen kann, habe ich daraus ein A7-Buch gebastelt. Dieser Artikel zeigt Vorgehen und Ergebnis mit Text und Bild.
Buchsatz
Die Geschichte hat etwa 1.8k Wörter. Ich fragte mich, ob dafür A6 oder A7 besser wäre und entschied mich schließlich für A7. (Ich mag A-Formate). Ich habe ein paar so kleine Bücher geschenkt bekommen, als ich klein war. Ein paar Bilderbücher, aber sogar auch ein paar mit ausreichend Text für eine Vorstellung.
Für den Buchsatz habe ich, wie stets, die Buchsatzsoftware SPBuchsatz genommen. Zunächst habe ich die Seitenmaße so angegeben, dass A7 rausfällt, aber habe festgestellt, dass das nicht so richtig für das Format geeignet ist, weil die Seitenränder einigermaßen fix sind und bei so einem kleinen Format sind sie zu groß. Es hat sicherlich einen Grund, warum sie so vorgegeben sind. Dennoch entschied ich mich, auf den Tipp eines Herzwesens zu hören, das auch mit der Software arbeitet, und das ganze in A5 zu setzen, aber in A7 zu drucken.
Ich wählte also die Maße für A5, Schriftgröße 16.5pt und den Szenentrenner aus Die Flotte der Maare. Darüber, wie ich konkret Bücher setze, folgt irgendwann ein separater Artikel. Es ergab 22 Seiten.
Drucken und die gnarfzige Laufrichtung
So an sich ist an A-Formaten das Großartige, dass, wenn sie halbiert werden, das nächst kleinere A-Format mit dem gleichen Seitenverhältnis rauskommt. Leider ist bei Büchern die Laufrichtung relevant: In eine Richtung lässt sich Papier leichter biegen als in die andere, weil die Fasern entlang dieser Richtung eher ausgerichtet sind. Diese Richtung muss entlang des Buchrückens verlaufen, damit es sich gut blättert.
Während A4-Seiten üblicherweise (und so auch diese) so gefasert sind, dass ein A4-Buch im Hochformat gut blätterbar wäre, so wäre es für ein A5-Buch hochkant falsch, für ein A6-Buch hochkant richtig und für ein A7-Buch hochkant wieder falsch. Also mit einfach 8 Seiten auf ein A4-Blatt drucken war das halt nicht…
Leider sind A7-Seiten auch noch zu breit, als dass ein 9x9 Gitter aus solchen auf eine A4-Seite passen würde. Es passen jeweils nur vier A7-Seiten so auf eine A4-Seite, dass die Laufrichtung stimmt. Sprich, es gibt 50% Verschnitt.
pdfjam ist ein Kommandozeilen-Programm, mit dem sich pdf-Dateien irgendwie anders zusammensetzen und wieder in pdf-Dateien schreiben lassen. Der Befehl
pdfjam –nup 2x2 –noautoscale true –a4paper EinesVonSieben-pattern.pdf -o EinesVonSieben2x2.pdf
nimmt sich die Datei EinesVonSieben-pattern.pdf als Eingabedatei und erzeugt eine Ausgabe-Datei EinesVonSieben2x2.pdf (das -o steht für output). Das –nup 2x2 ordnet die Eingabeseiten der Reihe nach auf einem in der Mitte zentrierten 2x2 Gitter an und –noautoscale true sagt, dass die Seiten dabei nicht skaliert werden sollen, während –a4paper sagt, was für ein Format rauskommen soll.
(In meinem ersten Ansatz hatte ich dort –a2paper stehen, weil ich ja A5 gesetzt habe, während ich so tun wollte, als wäre das A7, aber das Skalierungsproblem habe ich im schließlich gewählten Ansatz woanders gelöst.)
Es lässt sich eine Option –frame true mit übergeben, das einen dünnen schwarzen Rahmen um die Seiten herumzieht. Das haben wir einmal gemacht, damit die andere Person, die mir geholfen hat, mit InDesign an den richtigen Stellen Schnittmarken setzen konnte.
Ich habe anschließend überlegt, wie ich die Seiten sinnvoll anordne, sodass sie auf dem Gitter jeweils so gedruckt werden, dass Rückseiten auf Vorderseiten landen, also, dass zB Seite 5 auf der Rückseite von Seite 6 ist. Nachdem ich so eine Reihenfolge ausgerechnet habe, habe ich mir dann die Originaldatei EinesVonSieben.pdf genommen und sie in eine Datei gedruckt. Dabei habe ich ausgewählt, dass das Programm die angegebenen Seiten drucken soll (es waren alle, beziehungsweise die letzten beiden sogar zweimal, aber eben in einer anderen Reihenfolge), und ich habe ausgewählt, dass es das auf A7-Seiten drucken soll.
Dann haben wir einen Probedruck gemacht, aber weil der Drucker nicht ganz präzise einzieht, gab es leichten Versatz. Da der Drucker aber jedes Mal den gleiche Versatz erzeugt hat, konnten wir ihn korrigieren, indem wir jede zweite Seite einen Millimeter tiefer und zwei weiter rechts oder so gedruckt haben.
Ins Gebinde!
(Disclaimer: Die derzeitigen Angaben zu Maßen sind zu einem großen Teil einfach geschätzt und ich kann oft überhaupt nicht gut schätzen!)
Nachdem die Seiten also gedruckt waren, ging es daran, sie alle auszuschneiden. Es empfielt sich dabei ein Stahllineal, ein sehr scharfes Cuttermesser und eine Schneidmatte. Das Cuttermesser beim Papierschneiden flach führen und möglichst in einem mal durchsäbeln.
Vorteilhaft ist auch, den Rahmen ganz zu lassen, weil dann das Papier darin noch möglichst lange fixiert ist. Das macht die Schneidarbeit leichter.
Ich habe also das Lineal mit der Seite, wo nicht die Zahlen stehen, von einer Schnittmarke (die kleinen schwarzen Striche am Rand) zur nächsten gelegt, das Cuttermesser jeweils vorsichtig über die Schnittmarken testlaufen lassen, ob sie auch wirklich zentral angeraut werden, sodass ich sie mittig träfe, wenn ich es durchziehen würde. Und dann habe ich das Papier geschnitten. Erst in der Mitte längs: Ich habe die Seiten so sortiert, dass sie in der Mitte alle zum Buchrücken zeigen. Das ist der wichtigste Schnitt, der auf jeden Fall für die Klebung am Ende gerade sein muss.
Anschließend habe ich den anderen mittleren Schnitt gesetzt, dann die oberen und unteren, sodass die Seiten an der längeren Seite noch befestigt waren, und schließlich habe ich sie ganz ausgeschnitten.
Heraus kamen winzige Buchblöcke. Hier ein ordentlicher Stapel für den Eindruck der Ordentlichkeit, und einer, der etwas auseinandergefegt ist, für einen Eindruck der Seiten.
Insgesamt habe ich eigentlich nur vier Buchblöcke erstellt, aber ich habe zum Üben einen weiteren aus einem Fehldruck gebastelt. Als wir geleimt haben, ist er rausgeflogen.
Als nächstes habe ich das Vorsatzpapier zugeschnitten. Es ist sehr dünne Pappe. Ich habe passend zum Thema ein Dunkelblau gewählt.
Das Vorsatzpapier wird doppelt so groß ausgeschnitten, wie der Buchblock groß ist, also A6 in diesem Fall. Auch hier wird auf die Laufrichtung geachtet. Die Vorsatzpapiere werden dann auf die Hälfte gefaltet. Je eins von diesen doppelten Seiten kommt an den Anfang und ans Ende vom Buch. Die äußere Seite des Vorsatzpapiers wird am Ende jeweils mit dem Buchumschlag verleimt.
Die Vorsatzpapiere können am besten mit einem Falzbein gefaltet werden. (Falzbeine müssen nicht aus Knochen sein, aber können.) Ein Falzbein ist ein ziemlich simples Werkzeug, es dient einfach dazu, scharfe Kanten gut hinzubekommen und zu vergleichbaren Arbeiten. Die Falten im Vorsatzpapier werden von der Mitte nach außen durch Entlangstreichen mit dem Falzbein gefaltet.
Als nächstes wird Gaze geschnitten. Gaze ist so ein Webgedöns. Es wird fast so lang geschnitten wie der Buchrücken lang ist.
Um den Buchblock zusammenzuleimen, wird zunächst das Buch aufgestoßen. Das bedeutet, es wird auf eine glatte Unterlage (wie Fußboden oder Tisch) mit einigermaßen losem Griff mehrfach fallen gelassen. Und zwar erst oben, sodass die Oberkante des Buches bündig ist, und dann dort, wo es zusammengeleimt wird, wo es auf jeden Fall bündig sein muss. Nachdem das getan ist, wird das untere Drittel des Buchblocks in die Buchbindepresse gepresst.
Anschließend wird der Buchblock verleimt. Dazu habe ich leider nur ein Foto, und zwar davon, wie vom Vorsatzpapier die Kante an der Innenseite etwa einen Millimeter mit Leim eingestrichen wird. Das passiert auf beiden Seiten. Anschließend wird der Buchblock zusammengedrückt und weit umgebogen, sodass die Seiten verschoben zueinander sind. Der durch Verbiegung versetzte Buchblock wird auch eingeleimt, in die andere Richtung gebogen und auch dort verleimt.
Anschließend wird die Gaze zentral darauf gelegt, in alle Richtungen gespannt und darüber gedrückt und nochmal langgezogen. Und auch die Gaze wird am Ende oben noch einmal eingeleimt. Die fertig verleimten Buchblöcke kommen zwischen Zeitung in die Presse, um für einige Stunden zu trocknen.
In der Zeit lässt sich der Umschlag vorbereiten. Dazu gibt es Buchbindekarton. (Es war aufregend, mit so einem A1-Bogen im Rucksack durch halb Kiel zu radeln und ihn später in eine Decke zu wickeln und damit Zug zu fahren.) Jedenfalls sieht dieser Karton reichlich langweilig aus, ist immerhin auch nicht sehr teuer und hat auch eine Laufrichtung, die durch Biegen herausgefunden werden kann. Die Buchdeckel sind so breit wie der Buchblock, aber jeweils etwas höher. (Hardcover von Hardcover-Bücher ragen an den drei Seiten, die nicht der Rücken sind, immer etwas über, und der Rand, der dem Rücken gegenüberliegt, bekommt seinen Überhang anders.)
Nachdem auch dieser geschnitten ist, haben wir also Seiten, Vorsatzpapier und Pappe und es fühlt sich schon eine Spur nach Buch an. Vielleicht.
Das folgende Bild zeigt ein fertig geleimtes Buchinnenleben, also Buchblock mit Vorsatzpapier und die Gaze, die darum herumgeleimt ist.
Zum Buchumschlag gehören die zwei äußeren Pappen für die Buchdeckel, ein Streifen Pappe für den Buchrücken (der in diesem Fall 1,5 mm breit ist, also sehr winzig) und ein Schanier. Letzteres wird aus dem Vorsatzpapier angefertigt. Es hat die Breite des Buchrückens, plus in diesem Fall 3 mm (manchmal auch etwas mehr) Abstand zum Falten in beide Richtungen von dort aus, sowie noch einmal 2-3cm Überhang in beide Richtungen, an die die Buchdeckel geklebt werden. Das folgende Foto zeigt es von der Seite, wo der Buchrücken draufgeklebt und die Deckel druntergeklebt werden.
Das nächste Foto zeigt es umgekehrt, von der Seite, wo die Buchdeckel draufgeklebt und der Buchrücken druntergeklebt wird.
Es lässt sich besonders gut leimen, wenn mit der Seite des Scharniers, auf das die Buchdeckel kommen, der eine Buchdeckel abgedeckt wird, sodass nur der Teil frei ist, wo er eingeleimt wird. Der eine Buchdeckel deckt den zweiten Buchdeckel auf gleiche Weise ab. Dann werden sie von innen nach außen mit Leim eingeschmiert und angeklebt.
Der Buchrücken wird einfach so ohne Trick eingeleimt und auf der anderen Seite aufgeklebt. Das folgende Bild zeigt nochmal ein Innenleben aus der zweiten Rutsche. Hier war ich vielleicht etwas großzügiger mit Leim, weshalb ein bisschen vom Zeitungspapier hängen geblieben ist, aber das ist nicht schlimm.
Zuletzt fehlen für die Bücher noch das Material, in das es eingeschlagen wird (zum Beispiel Papier, hier ist es Stoff), und das Kapitalband. Letzteres ist der Streifen, der da oben auf dem Stoff liegt. Es handelt sich dabei um eine kleine, seidige Wulst, die in Hardcovern oft innen am Buchrücken oben und unten anliegt. Ich habe ein hellgraublaues gewählt.
Das Material zum Einschlagen sollte eigentlich nicht unbedingt angemalt werden, vor allem nicht außen, aber dies ist ein Stift, der sich nach einer Weile selbst zersetzt oder vorsichtig abgewaschen werden kann.
An diesem Buchblock klebt nun nicht nur das Vorsatzpapier, sondern auch das Kapitalband. Es ist an einem Gewebe, das sich anleimen lässt. Es ist nur so 2-3 Millimeter breit.
Bisher wurde Buchleim pur verwendet, aber zum übrigen Bindevorgang wird er mit Kleister im Verhältnis 2 zu 1 vermischt (Kleister 2, Leim 1). Kleister ist ein Pulver, das in Wasser aufgelöst wird.
Ab hier beginnt Stress. Das Material zum Einschlagen, wird eingeleimt, und zwar von innen nach außen. Material macht je nach Beschaffenheit verschiedenen Stress. Manches reißt, manches wirft schnell Falten, und dieses (Stoff) hat sich einfach mit Leim vollgesogen, sodass der nicht so richtig kleben wollte.
Anschließend wird eine der Buchklappen auf den Stoff gedrückt (zur Abwechslung kommt nicht so doll drauf an, wo genau, es sei denn, ein Motiv muss an eine bestimmte Stelle). Nach dem die eine Seite “klebt” (ähm), wird das ganze umgedreht.
Das Material wird mit dem Falzbein zunächst am Rücken an die Buchklappe angeschmiegt, wo es schon dranklebt, und dann an den anderen.
Anschließend wird das ganze wieder umgedreht. Es werden die Ecken abgeschnitten, sodass jeweils ein Abstand von so 2-3 Millimetern zur Buchdeckelecke vorliegt.
Die Ränder werden erneut eingekleistert, von innen nach außen. Zunächst werden die oberen und unteren Kanten mit dem Falzbein umgeklappt. Ebenfalls mit dem Falzbein werden die Kanten am Buchrücken angedrückt.
Anschließend werden mit dem Falzbein Stofftaschen neben den Ecken auf den Stoff darunter gedrückt und dabei ein wenig nach innen gezogen. Auf diese Weise entstehen die perfekten Buchecken, wenn es denn klappt. Wir nannten sie: Die Geheimratsecken, weil es ein geheimer, gehypter Trick ist.
Anschließend werden die Seiten mit dem Falzbein umgeklappt. Ich zeige hier meine Hände, wie sie den Stoff von unten an die Kante andrücken.
Und die Hände des Herzwesens, wie er mit dem Falzbein fest auf die Klappe gedrückt wird.
Als nächstes wird der Buchblock zwischen die Buchklappen gesteckt und das fertig gefaltete Buch auf der Zeitung abgelegt. Ohne es verrutschen zu lassen, wird es nun wieder geöffnet, um das Vorsatzpapier einzuleimen. Wieder von innen nach außen. Dabei liegt ein Zeitungspapierchen zwischen den beiden Vorsatzpapierhälften. Auch die Gaze wird eingeschmiert.
Dann wird der Buchrücken angedrückt.
Und schließlich der Decke fallengelassen und angedrückt. Ohne das Buch aufzublättern und sich das Ergebnis anzuschauen (nicht machen!) wird das eingeleimte Zeitungspapier zwischen den Vorsatzseiten durch ein frisches ausgetauscht.
Der Vorgang wird auf der anderen Seite wiederholt.
Am Ende kamen die vier Bücher in die Buchpresse zwischen zwei Schichten Zeitungspapier.
Die Buchpresse wird in diesem Schritt nicht übertrieben fest, aber schon fest zugeschraubt. Nun heißt es: Warten.
Nach ein paar Tagen können die Bücher aus der Presse genommen werden. Sie sind platt, aber an manchen klebt gegebenenfalls noch Zeitungspapier.
Das Zeitungspapier kann vorsichtig mit Wasser angefeuchtet und dann abgerubbelt werden. Das Resultat sind die fertigen Bücher.