Geschlechtsangleichende OP - Vorher

Generelle CN: Operationsmethoden im Detail beschrieben.

Entscheidungsfindung

CN: Körper-Dysphorie, Brustkrebs erwähnt, Einblick in Nöte von trans Menschen, um an medizinische Versorgung zu kommen.

Ich erinnere mich, dass ich schon, als mein Brustwachstum während meiner Pubertät eingesetzt hat, davon kein Fan war. Mir sagte man, “daran gewöhnst du dich”, aber das ist nie eingetreten. Ich hatte dann da irgendwie so zwei Fremdkörper.

Manche cis Menschen, die bisher noch keine Idee haben, wie sich Körperdysphorie anfühlt, sind meinem Dysphoriegefühl etwas näher gekommen, wenn ich ihnen vorschlug, sich vorzustellen, über Nacht wären ihnen Brüste auf dem Rücken gewachsen.

Es ist ein permanentes Fremdheitsgefühl, es ist sehr unangenehm bei Sport und egal ob mit oder ohne BH, irgendwie ist das alles falsch.

2019 habe ich mir das erste Mal intensivere Gedanken darüber gemacht, eine geschlechtsangleichende OP machen zu wollen. Ausgelöst hat das, dass ich ein Foto einer Person Post-Mastek gesehen habe und ein Instant-Euphorie-Gefühl hatte. Ich weiß noch, dass das Gefühl stark war, und ich trotzdem gedacht habe, aber was, wenn das nur eine Moment-Aufnahme ist? Ich sollte über einen längeren Zeitraum in mich reinfühlen. Ich habe Phasen, wo ich mich nicht an Gefühle aus anderen Phasen erinnere, ich sollte das tracken, bevor ich mich entscheide.

Ich habe mich intensiv über das Thema beraten lassen und informiert:

  • In der Rosalinde in Leipzig, quasi ein queerer Treff und Beratungsstelle.
  • Bei verschiedenen trans Männern, die eine Mastek hatten.
  • Mehreren chirurgischen Kliniken (dazu später mehr).
  • Einem mir privat bekannten Chirurgen.
  • Einen psychologischen Psychotherapeuten (oder wie die heißen), der die Trans-Indikation ausgestellt hat.
  • Mit Personen, die eine GaOP gemacht haben und daran etwas bereuen.

Für mich schien es von Anfang an fast unmöglich, dass die Kasse das zahlen würde,

  • weil ich nicht binär trans bin und auch nicht hinkriege, vor anderen so zu tun, als wäre ich binär. (Es ist einfach nur krass, wieviele nicht-binäre trans Menschen mit Bedarf an medizinischer Behandlung (Hormone, OPs) ich auf meinem Weg getroffen habe, die dem medizinischen System und dem Staat gegenüber behaupten, binär zu sein, damit sie (über)leben können. Und die durchaus sehr damit strugglen, da etwas vorzumachen, weil das dann ständig den Gedanken auslöst, dass ihnen das alles eigentlich nicht zustünde, weil sie nicht trans genug wären. Scheiß System!)
  • weil ich behinderungsbedingt auch nicht in der Lage sein würde, die erwarteten Voraussetzungen zu erfüllen, wie irgendwelche Gutachten (mir fällt Formalgedöns schwer) oder zwei Jahre Therapie zum Thema (ich habe und hatte extremen Bedarf an Therapie bezüglich anderer Themen, die viel dringlicher waren, weil die Sache mit Transsein und der Mastek für mich eigentlich ohne fremde Hilfe klar war). Mir ist übrigens bis heute nicht klar, ob die Therapie nun Voraussetzung ist oder nicht. Aus meiner Sicht widerspricht sich die Kasse zu dem Thema mit ihren Angaben selbst. (Bitte nicht erklären, es sei denn, ihr kennt mich wirklich gut. Es haben viele versucht. Und erzählen mir aus großer Überzeugung für mich widersprüchlich wirkendes Zeug. Ich versteh’s nicht. Deshalb hab ich Assistenz.)

So um 2020/2021 gab es bei mir einen Tastbefund, der vielleicht hätte Brustkrebs sein können. Ich sollte zur Mammographie und so. In mir machte sich plötzlich jähe Hoffnung breit, dass das mein Dysphorie-Problem erledigen könnte und wenn sie eh schon Entfernen, sie vielleicht auch gleich eine GaOP machen könnten. Ich habe dann beim Recherchieren rausgefunden, dass das nicht ginge, sondern eher die OP nach hinten verschieben würde. Sie würden dabei nur wegnehmen, was nötig wäre, dann gäbe es noch Bestrahlung, und mehr muten sie dann dem Körper auch nicht zu, damit er sich erholen kann. Am Ende stellte sich der Tastbefund als harmlos raus.

Es mag ein fieser Gedanke gewesen sein, aber ich teile ihn hier auch, weil ich auch damit nicht allein bin. Ich kenne verschiedene trans Menschen, die sich schonmal heimlich eine milde Brustkrebsform gewünscht haben, und sich gewünscht haben, dass das ihr Problem löst, vor der Kasse nichts behaupten zu müssen oder die OP ohne schlimmere psychische Strapaze bezahlt zu bekommen.

Als ich dann via Eingliederungshilfe an qualifizierte Assistenz kam, die mir im Alltag eine große Hilfe darstellt, hatte ich zwischendurch dann doch die Hoffnung, die Kostenübernahme von der Krankenkasse zu erhalten. Das Anliegen ist gescheitert. Vielleicht lege ich darüber irgendwann in einem anderen Blogartikel viel offen.

Kosten

In Deutschland kostet eine solche OP zwischen 6,000€ und 10,000€. Das sind die Werte, die ich von verschiedenen Kliniken genannt bekommen habe. Von einer Person habe ich gesagt bekommen, dass sie eine Mastektomie in Tschechien für um die 2,000€ gemacht habe. Ich weiß aber nicht, um was für einen Eingriff es sich dabei genau gehandelt hat.

Klinikwahl

Ich habe mich für die Clinic Lubinus entschieden. Dort wird eigentlich vorwiegend plastische und wiederherstellende Chirurgie gemacht, zum Beispiel nach Brustkrebseingriffen, oder auch als Schönheitschirurgie. Ich habe mich vor allem für die Klinik entschieden, weil sie für das, was sie tut, einen guten Ruf hat, und weil sie in Kiel ist, wo ich wohne. Ich bin in einer Weise behindert, dass für mich ein operativer Eingriff in einem Krankenhaus weit weg von meinem Wohnort quasi unmöglich ist. Ich hatte von Düsseldorf viel Gutes gehört, und ich hatte da auch einen Termin zur Aufklärung über den Eingriff, aber als der aus Krankheitsgründen ausfiel, habe ich gemerkt, dass diese Strapaze für mich nicht stemmbar ist, für eine OP da hinzufahren und hinterher wieder zurück in einem Zustand, in dem ich frisch operiert wäre.

Operationsmethoden und verschiedene Kliniken

  1. Helios Klinik Berlin

Als ich noch in Leipzig gewohnt habe, war ich in der Helios-Klinik in Berlin für ein Beratungsgespräch. Dort wurde ich über die verschiedenen Alternativen aufgeklärt. Es gibt dort als übliche Eingriffe bei einer Mastektomie für trans Menschen:

a) Ein gerader Schnitt oberhalb der Brustwarzen, die Brustwarze wird abgenommen, alles unterhalb des Schnitts wird entfernt, sodass die Haut oberhalb des Schnitts auf der Unterbrustfalte zum Liegen kommt, und die Brustwarze, die vorher unterhalb des Schnitts war, wird nun da drüber transplantiert.

b) Selbes Prozedere, aber die Brustwarze wird nicht abgenommen. Sie bleibt am sogenannten Stiel, wo Drüsen und Nerven zur Brustwarze führen. Die Brustwarze wird unter der Haut hindurchgeführt und aus einem Loch oberhalb des Schnitts an die Oberfläche gezogen (den Nippel durch die Lasche …). In dem Fall behält die Brustwarze ihr Gefühl, aber der Stiel nimmt viel Raum ein, was in meinem Fall immer noch Körbchengröße B bedeutet hätte.

c) Bekannt als Keyhole Method, oder Reverse T, oder später auch mal Kuchenstück-Variante: Von oberhalb der Brustwarze an den Seiten der Brust nach unten verlaufend wird ein Kuchenstück herausgenommen. Der Kuchen oder der überige Fastkreis wird dann zusammengezogen. Auch auf der Unterseite der Brust wird Haut und Gewebe entfernt. Auf diese Weise ergibt sich eine weitere Narbe von der vertikalen Narbe aus hinauf zur Brustwarze.

Auch dieses Verfahren kann mit freier Brustwarzentransplantation oder gestielt erfolgen und wird entsprechend flacher oder weniger flach. Aber tatsächlich wird die Methode eher benutzt, wenn die Brust nicht 100% flach werden soll. (Ich habe sie am Ende aus verschiedenen Gründen gewählt, dazu später.)

Der Eingriff in der Helios-Klinik hätte damals (2019/2020?) etwa 6,000€ gekostet.

Zwischenanmerkung zu Aufklärung und Vorstellungen

Interessanterweise haben viele trans Männer, die eine Mastektomie hatten, mit denen ich über Methoden gesprochen habe, noch nie etwas über eine andere Methode als a) gehört. Ich aber bevorzugte schon, eher eine andere Methode als a), weil ich überlegt hatte, dass zu meinem Körper mit durchaus etwas Fettgewebe auch eine Brust passen würde, die nicht ganz platt ist. Vielleicht wie bei manchen cis Männern (endo hier absichtlich weggelassen), die etwas mehr östrogen-artige Hormone als der Durschnitt haben. Oder vielleicht mochte ich auch ein körperliches Erscheinungsbild haben, das am ehesten “Dazwischen” gelesen wird. Etwas, was in die Kategorie “androgyn” fallen würde.

Für mich stand fest: Eine Mastek, egal wohin, macht die Sache auf jeden Fall besser. Alles weitere ist Feinjustierung. Ich könnte mich da wohl an alles gewöhnen. Aber warum nicht perfektionieren bei etwas, was ein irreversibler Eingriff ist? Es ergab für mich Sinn, mich viel über Alternativen zu informieren, mich lange vor einem Eingriff über Methoden und Varianten zu informieren und dort jeweils reinzufühlen.

Ich habe mich gegen die Helios-Klinik entschieden. Dabei war mein Hauptgrund, dass Helios ein ausbeutendes, kapitalistisches Modell ist. Aber vielleicht auch ein wenig, dass ich zu meinem Termin extra aus Leipzig angereist war, sie den aber vergessen hatten und ich dann über 2h warten musste, bis mich wer anders aufklärte als geplant.

  1. Reinbek

Ich habe mich außerdem in Reinbek bei Hamburg informiert. Am Telefon hat mir der Chirurg erklärt, es gäbe obige Varainte a), und er hat es so erklärt, als wäre das klar und es gäbe nur diese eine Möglichkeit. Ich fragte nach den anderen Varianten und er erklärte, sie machen die dort nicht. Ich fragte danach, wie das wäre mit Wahlmöglichkeiten von ganz flach oder eher “dazwischen” bezüglich Erscheinungsbild. Er teilte mir mit, sie machen nur absolut flach. Etwas dazwischen, was nicht 100% männlich würde, würden sie nicht machen. Und außerdem würden sie für den Eingriff, auch bei Selbstzahlenden, nicht nur Kosten für die Mastektomie, sondern auch für eine Gebärmutterentfernung gleich mit berechnen, weil oft beides zusammen gemacht würde. Das würden sie nicht einzeln berechnen können. Damit würde der Eingriff etwa 10,000€ kosten.

Clinic Lubinus

Während Reinbek, Helios-Klinik in Berlin, sowie die Klinik in Düsseldorf den Ruf haben, besonders geeinet für Mastektomien für trans Menschen zu sein, hat die Clinic Lubinus diesbezüglich keinerlei Ruf. Vielleicht war ich auch die erste trans Person in Behandlung dort, das hielte ich nicht für unwahrscheinlich, aber weiß das nicht. Sie kannten sich mit dem Thema dort an sich nicht aus. Aber das fand ich, denke ich, für mich eher von Vorteil: Ich hatte eine genaue Idee, wohin ich hinwollte. Und der Chirurg meinte zu mir, Geschlecht sei ihm egal. Er mache, was ich wolle. Ich war inhaltlich sehr angetan von allen Gesprächen mit ihm, weil er nicht irgendwie verbohrt auf eine Methode war oder so etwas, sich angehört hat, was ich wolle, mir gesagt hat, was geht und was nicht geht, und dabei in allem sehr flexibel wirkte. Ich habe mich in für mich passenden, guten Händen gefühlt, so, als hätte ich dort die besten Chancen, zu bekommen, was ich wollte/suchte.

Ich wurde im Rahmen der OP und Beratungsgespräche oft misgendert, weil mich immer wieder neue Leute trafen, die keinen Plan hatten, und weil ich absolut kein männliches Passing habe (und das auch nicht unbedingt anstrebe). Aber ich habe, wenn ich es angesprochen habe, einen sehr guten Umgang damit erlebt: Leute haben es einfach angenommen, sich notiert, nicht wieder gemacht und haben keine große Sache draus gemacht. Gegebenenfalls haben sie mich noch gefragt, ob es an anderer Stelle für mich dadurch zu Komplikationen kam/kommt und ob sie was tun können. Mein Fazit wäre: Ein relativ unaufgeklärter, aber sensibler Umgang damit. Ich habe keine explizite Transfeindlichkeit erlebt, wie eben in zich anderen medizinischen Kontexten (zum Beispiel von meiner Krankenkasse). Ich habe mich besser verstanden gefühlt als in Reinbek beim Telefonat, wo der Ruf so transfreundlich war, aber am Ende war das Gespräch sehr im Binären festgefahren. In der Clinic Lubinus schien mir niemand festgefahren.

Der Eingriff hat etwas weniger als 7,500€ gekostet. Vielleicht wäre er ein paar Jahre zuvor günstiger gewesen, wurde mir gesagt, als ich den Preis aus Berlin nannte. Zudem stecke in den Kosten eine gewisse Varianz, sodass man nicht überraschend mehr zahlen müsste, wenn was anders läuft als bei anderen. Es würde eher umgelegt, dass es bei manchen eben zu leichten Komplikationen kommt. Das fand ich vom Prinzip her gut.

Als die Rechnung ausgestellt wurde, rief mich ein anderer Chirurg, der das machte, aber nochmal an, und fragte, warum denn die Krankenkasse denn nicht zahlte, denn des wäre ja offensichtlich ein medizinisch notwendiger Eingriff. Ich erzählte vom Stand des Gesetzes bezüglich nicht-binärer Menschen und GaOPs und wir regten uns am Telefon ein wenig gemeinsam über den Missstand auf. Das hat mich positiv überrascht, auch wenn wir nicht ganz auf dem selben Nenner waren.

Er sagte, er könne es auf etwa 10,000€ festlegen, und dann als GaOP eintragen, dann hätte ich vielleicht bei einer möglicherweise zukünftigen Gesetzesänderung bessere Chancen, Geld von der Kasse wieder zu bekommen. Oder als Schönheits-OP. Dann würde es etwa 7,500€ kosten. Ich hätte am Ende auch Chancen, wenn ich der Kasse dann erzählte, das war prinzipiell eine GaOP, aber in günstiger, aber vielleicht würde ich dann ein Gericht brauchen.

Ich glaube eigentlich nicht mehr dran, dass meine Kasse je zahlt, also entschied ich mich für letztere Variante. Denn ich habe nicht zufällig 2,500€ locker sitzen. (Es ist ein Privileg, dass ich mit die OP überhaupt von Erspartem leisten kann.)

Ein weiterer Vorteil der Clinic Lubinus war: Ich rief dann so im Juli an und sagte: Ich hätte gern Mitte Oktober einen Termin für die Mastektomie. Und ich bekam dann direkt den 17.Oktober. In vielen anderen Kliniken, die sich spezifisch mit GaOPs befassen, sind Wartezeiten von einem halben Jahr oder länger üblich. In Düsseldorf gibt es inzwischen Wartezeiten von über einem Jahr nur für das initiale Beratungsgespräch.

Warum Methode c)?

CN: Cis-Sprech.

Ich habe mich für die oben beschriebene Methode c) entschieden. Noch beim Anzeichnen am Tag der OP konnte ich mich entscheiden. Ich hatte Fotos von einem Mastek-Ergebnis einer nicht-binär-freundlichen Praxis in im Internet gefunden. Von dort habe ich mein liebstes Ergebnis (auch mit upside down T) genommen und auf meine Brust via Bildbearbeitung angepasst, solange, bis es mir gefallen hat. Diese Fotos habe ich zum Termin beim Anzeichnen ausgedruckt mitgenommen, und auch per Mail hingeschickt. Der Chirurg meinte, er nähme sich die Fotos mit in den OP. Und das hat mich sehr beruhigt.

Er hat mir, um zu zeigen, was möglich ist, erst eine gerade Linie auf der Brust angezeichnet, so wie bei Methode a). Auf diese Weise ließe sich eine absolut flache Brust erzeugen. Ich beschrieb aber eher: Ich möchte nie wieder einen BH tragen müssen. Ich möchte oben ohne “als männlich durchgehen” können, also eine klar männlich lesbare Brust (Die Formulierungen mag ich an sich nicht so gern, aber es war klar, was gemeint ist und so konnte ich dort gut kommunizieren). Aber mein Körper ist eher weicher (ich bin nicht sehr dünn, ich habe weiche Haut und weiches Gewebe). Ich fand, zu meinem Körper passt durchaus auch etwas Femininität – in einer Art, wie eben manche Männer feminin sind, oder so eine Brust, die auch manche cis Männer haben, die etwas mehr Östrogen im Kreislauf haben. Und ich fand auch gut, wenn es möglich ist, es noch als weiblich zu lesen. (Diesen Wunsch zur Uneindeutigkeit konnte ich mir auch erst erlauben, als klar war, dass die Kasse nicht zahlt, weil sie da halt strikt gegen ist.)

Die Bilder, die ich gezeigt habe, waren, so fanden wir, genau auf dieser androgynen Kippe, die gut zu meinem Körper passt.

Ich fragte nach der ersten Anzeichnung also nach der Alternative. Auf der anderen Brust malte er also die Tortenstückvariante an. Und mit der war ich wesentlich zufriedener. Nicht nur, weil sie eben ein bisschen Weiche übrig lässt, die sich gut anfühlt, sondern aber vor allem auch, weil ich in meiner Brusthaut Stellen hatte, die sensibel waren, und Stellen, die eh eher dumpf und taub gefühlt haben, und bei dem Eingriff sehr viel von ersterer erhalten bleibt und sehr viel von letzterer wegfällt, während bei der Variante a) viel mehr sensible Haut wegfällt und wenig fühlende Haut da bleibt.

Für mich war ein wesentlicher Aspekt des Eingriffs, mich hinterher mit meinem Körper auch haptisch/physisch/vom Körpergefühl her wohler zu fühlen. Ich war mit meinem Körper eigentlich immer sehr im Reinen. Er hat sich sehr gut angefühlt, wie meiner. Ich war okay damit. Außer mit dem Brüsten, und das seit der Pubertät. Diese hatten sich immer wie Fremdkörper angefühlt. Und so sehr ich versucht habe, mit psychischen Tricks zu üben, sie mögen zu lernen, es hat nie funktioniert. Die Brustwarzen blieben taub, um den Hof herum auch. Sensibel waren zum Beispiel die Seiten.

Meine Vorstellung und vor allem Hoffnung (auch, wenn ich vorsichtig war mit dem Hoffen) war, dass sich hinterher die Brust auch sensibler und generell fühlender anfühlen würde. Etwas, wo oft behauptet wird, das würde durch eine Mastek eher verschwinden. (Vor allem in der Brurstwarze, aber auch drumherum gegebenenfalls). Aber, Spoiler: Schon direkt nach dem Eingriff fühlte ich sensorisch in der Brust viel besser als vor dem Eingriff. Das hat mich sehr geflasht.

Zusatzversicherung beim Selbstzahlen

Wenn die Krankenkasse die OP nicht übernimmt, dann sitzt man nicht nur auf der horrenden Summe der OP-Kosten, sondern wenn es zu Folgeerkrankungen oder -komplikationen kommt, dann zahlt die Kasse zwar zunächst, kommt dann aber an und sagt: Sie haben das selbst unnötigerweise angezettelt. Zahlen Sie uns das anteilig zurück! Und bei Dingen, die zB mit Blutkrankheiten geschehen können, kann so ein Anteil zum Beispiel schon so 30,000€ sein.

Am Vortag der OP habe ich davon erfahren, dass es Zusatzversicherungen gibt. Da wird der Eingriff angegeben, die behandelnde Person, und dann kann man sich für zwei oder mehr Jahre dort versichern. Das hat für mich für zwei Jahre ungefähr 200€ gekostet. Im Falle einer Komplikation übernehmen die dann die überschüssigen Kosten.

Die Krankenkasse

Die Krankenkasse hat bei mir die Kostenübernahme abgelehnt mit der Hauptbegründung, dass ich nicht einhundert Prozent männlich bin. Das ist sehr derbst realitätsfern. Die wengisten Menschen sind 100% binär männlich oder weiblich. Ja, die wenigsten Menschen, unabhängig von Transsein. Wenn sich beliebige Menschen ernsthaft Gedanken über ihr Geschlecht machen, finden wirklich viele heraus, dass sie nicht 100% binär sind. Über den langen, unangenehmen Austausch mit der Krankenkasse würde ich eventuell irgendwann einen eigenen Artikel schreiben.

Zweifel

Für mich war es bei der Entscheidung extrem schwierig, im Vorfeld über Zweifel zu reden. Dabei hätte ich das sehr gebraucht. Ich habe dann einige Wochen vorher mit einem trans Mann aus meinem Umfeld gesprochen, der dieselben Sorgen und Ängste hatte, wie ich.

Klar haben mir viele gesagt, es wäre verwunderlich, wenn ich bei so einer großen Entscheidung gar keine Sorgen je gehabt hätte. Und doch hatte ich immer diese Angst im Nacken, wenn ich sage, dass ich mir die Frage stelle “Was, wenn das alles doch nicht so gut ist? Was, wenn ich bereue?”, dass sie mir dann von der Mastek abraten. Mir sagen, dazu müsste ich mir schon absolut sicher sein. Ich hatte Angst, weil ich inzwischen mehr Diagnosen oder Verdachtsdiagnosen hatte, als zum Ausstellzeitpunkt der Transindikation bekannt, dass mir irgendwelches Therapiepersonal einen Strich durch die Rechnung macht, indem sie der Krankenkasse mitteilen, sie hielten mich nicht für zurechnungsfähig. (Spoiler: Eine Therapieperson hielt mich nicht für ausreichend zurechnungsfähig. Kurz vor der OP. Es waren grausige, bevormundende Gespräche, in denen mir auch ständig Eigenschaften und Erleben zugeschrieben wurden, die ich nicht hatte. Und obwohl ich meine Entscheidung so lange und so sinnvoll durchdacht hatte und obwohl ihr vehementes Abraten von der Mastek jeglicher Bezugnahme zur Realität entbehrte, hat mir ihr Abraten psychisch echt zugesetzt und alle Zweifel nochmal entfacht.)

Ich hatte, als ich mit anderen über meine Zweifel geredet habe, Angst, dass ich nur versuche, eine Echo Chamber für mich zu finden und gar kein ernsthaftes Gespräch suche. Dass ich nur entschieden habe, weil man irgendwann entscheiden muss. Oder dass ich nur entschieden habe, weil ich so einen starken Drang habe, trans genug zu sein oder die Hoffnungen von transfeindlichen Leuten nicht erfüllen zu wollen, die eben doch irgendwie den Wunsch haben, ich würde mich nicht so entscheiden. Ich hatte auch kurz Angst, ich wollte es aus den “falschen” Gründen, etwa, weil ich eine flache Brust einfach schöner fände. Natürlich hatte ich auch Angst, dass ich vielleicht tatsächlich nicht zurechnungsfähig genug wäre. Es liegen nunmal psychische Störungen bei mir vor, die meine Wahrnehmung beeinträchtigen, aber ich weiß das, und ich kenne meine Workarounds.

Ich hatte riesige Angst vor der OP an sich. Wegen Narkose, wegen all dem unbekannten Drumherum.

Das sind alles keine so unüblichen Gedanken. Aber die transfeindliche Welt, in der sich irgendwie richtig viele Menschen freuen würden, wenn man sich doch umentscheidet, selbst wenn sie nicht gerade sehr TERF sind und selbst wenn es sie eigentlich gar nichts angeht, weil man da “unnötig in einen ansonsten gesunden Körper eingreife”, ist das gesunde und ausgefühlte herumzweifeln schwierig.

Mir geht es jetzt so viel besser danach, in so vielerlei Hinsicht.

Vorbereitung

Zur Vorbereitung auf die OP habe ich folgende Dinge gemacht:

  • Knopfhemden besorgt, weil ich am Anfang die Arme nicht heben konnte. Aus den selben Gründen auch, Reißverschlussjacken geliehen.
  • Dinge so gelagert, dass ich drankomme, ohne die Arme weit zu heben. Also manches von unten auf Tische, manches von oben auf Tische. (Am Ende konnte ich mich fast sofort danach ohne große Probleme bücken.)
  • Mein Freundschaftsumfeld für Zeiten gebucht, wo sie mir im Haushalt Dinge abnehmen. Für das erste Wochenende nach der Mastektomie habe ich mir eine eng befreundete, sehr vertraute Person eingeladen, die mir quasi alles abgenommen hat und mit mir entspannende Dinge getan hat. Und auch mal draußen war. Für die Woche darauf habe ich mehrere Leute in meinem Umfeld gefragt. Es kam täglich jemand vorbei, mir ein wenig beim Kochen zu helfen, und alle zwei Tage beim Haarewaschen. Nach einer Woche kam der Verband ab und ich konnte das wieder allein. Aber gegen meine aufgewühlten Gefühle ware eine häufige Begleitung doch ganz gut.

Vor der OP

Am Tag vor der OP gab es einen Laufzettel und viele letzte Aufklärungsgespräche. Dabei hat mich meine Assistenz begleitet. Dabei wurde nochmal Blut abgenommen, ich wurde über Narkose und Schmerzen und Risiken aufgeklärt und musste allerlei Dinge unterschreiben. Ich durfte außerdem festlegen, ob ich in ein Frauen- oder ein Männerzimmer wollte.

Ich wurde sehr oft nach Medikamenten-Unverträglichkeiten gefragt, und mir fiel erst spät ein, dass ich eine leichte gegen ein bestimmtes Schmerzmittel habe. Das ist nicht verkehrt, vorher zu wissen.

Ich durfte am Vorabend der OP ab 22 Uhr oder spätestens 0 Uhr nichts mehr Essen. Ich durfte keine großen Mengen mehr trinken, sollte aber auch nicht dehydriert kommen, also Wasser gegen bisschen Durst ist fein.

Am Abend vor dem Eingriff hatte ich ärgerlicherweise eine Migräneattacke, weshalb das mit dem Essen schwierig war.

Am OP-Tag musste ich um 6:30 dort sein, mir wurde mein Zimmer gezeigt, und dann musste ich bis um gegen 11 warten. Dabei habe ich nochmal geschlafen. Ich konnte ein Beruhigungsmittel bekommen, wenn ich wollte.

Vor der OP habe ich ein OP-Hemd und eine OP-Unterhose angezogen. Im Vorraum fiel mir ein, dass ich ja vorher frisch auf dem Klo gewesen sein sollte. Das durfte ich dann nochmal in seltsamen knisternden Tütensocken nachholen.

Dann wurde die Narkose vorbereitet. Ich habe von meiner Panik erzählt und sie waren sehr lieb zu mir und haben mich über alles informiert, was ich wissen wollte.

Es folgt der zweite Teil.

Tröt